MASSERIE – LÄNDLICHER LUXUS

Nachtquartier

Masserie
Ländlicher Luxus

Urlaub auf dem Bauernhof? Ja, so in der Art … Apuliens in Hotels verwandelte Masserien verbinden allerdings das rustikale Wohnerlebnis mit den Annehmlichkeiten einer Fünf-Sterne-Residenz.

Juni 2021, Lesezeit: 15 Minuten

Ganz oben: Masseria Alchimia, Außenansicht, Foto: Cosmo Laera. Mitte: Lounge in der Masseria Moroseta, Foto: Salva Lopez. Oben: Restaurant La Corte, Masseria Calderisi.

„Noch ein bisschen Wein, signori“? Der junge Kellner hat im Vorbeigehen erkannt, dass die Gläser fast leer sind. Er bringt die Dessertkarte und empfiehlt die Zitrus-Mint-Ricotta. Zum Espresso danach stellt er hausgemachte Cantuccini auf den Tisch. Später verabschiedet er sich mit einem fröhlichen „a domani“. Denn klar ist: Die meisten Gäste, die heute auf der Hofterrasse des Restaurants La Corte gegessen haben, werden auch morgen kommen. Und am Tag danach. Das La Corte gehört zur Masseria Calderisi, einem brandneuen Refugium in Apulien: 24 Zimmer und Suiten in einem fast 400 Jahre alten Landgut im Hinterland der Adriaküste. Wer die Kieseinfahrt zum Anwesen entlangfährt, sieht zuerst den befestigten Masseria-Turm, der die ursprünglichen Bewohner vor Piraten, Sarazenen und Banditen schützen sollte. Daneben stehen der Anbau, in dem früher Heu gelagert wurde, und eine Kapelle, die bei den großen historischen Höfen der Region zum guten Ton gehört. Drumherum gruppieren sich weitere Gebäude, die als Stallungen, Geräteschuppen und Lager dienten. Heute sind in den früheren Ställen fünf großzügige, lichtdurchflutete Suiten untergebracht, ein anderes Gebäude beherbergt eine frei stehende Gästevilla mit Pool. Die Tische des Restaurants La Corte stehen im gewölbten ehemaligen Heulager und auf der Terrasse vor der Tür. „Wir haben gut anderthalb Jahre lang renoviert“, erzählt Jutta von Braunmühl, „und dabei fast alles selber gemacht, unterstützt von lokalen Betrieben und Handwerkern mit ihren traditionellen Fertigkeiten und ihrem von Generation zu Generation weitergegebenen Know-how“.

Masseria Calderisi in den Farben der Tricolore: Grün, Weiß, Rot.

Die Masseria Calderisi stand bereits zum Verkauf, als die Münchner Jutta und Max von Braunmühl vor bald zwei Jahrzehnten ihre ersten Urlaube in Apulien verbrachten. Das Landgut stand leer, als sie vor 15 Jahren gleich nebenan in der Masseria Torre Maizza geheiratet haben und danach jeden Sommer mit ihren Töchtern die Ferien dort verbrachten. „Wir haben immer mit einer Masseria geliebäugelt, für uns als Familie, als ein zweites zu Hause“, sagt Jutta von Braunmühl. Dafür schien Calderisi mit diversen Gebäuden, acht Hektar Land und rund 140 uralten Olivenbäumen aber ein paar Nummern zu groß: „Wir haben weiter gesucht, nichts Passendes gefunden und die Masseria dann schließlich doch noch gekauft.“ Sie sollte nun aber kein Ferienhaus mehr werden, sondern ein Hotel.

Eine neue Generation von schick gestalteten Landgasthöfen lockt neuerdings auch verwöhnte Urlauber nach Apulien. Zwar galt die Landschaft zwischen Bari und Brindisi schon immer als besonders reizvoll, doch attraktive Unterkünfte suchte man lange vergebens. Und was nützen zauberhafte Barock-Städtchen, grandiose Restaurants und eine Küste, die nicht nur im Sommer spannend ist, wenn es keine Hotels gibt, die dem ländlichen Charme der Region entsprechen?

Masseria Calderisi, die L’Uliveto-Suite

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Noch vor rund 20 Jahren waren die meisten Masserie als landwirtschaftliche Betriebe aktiv. Dann kamen die ersten findigen Bauern auf die Idee, ihren Besitz in einen Agriturismo zu verwandeln und Gästen einen so einfachen wie rustikalen Urlaub zu ermöglichen. Richtig schön, komfortabel und teuer waren damals nur zwei davon: Masseria Torre Maizza und Masseria Torre Coccaro, beide im Besitz von Vittorio Muolo, der aus einer Hoteliersfamilie der Region stammt, als erster die Marktlücke erkannte und praktisch im Alleingang einen neuen Trend lancierte.

In den weißgetünchten Zimmer der Masseria Torre Coccaro stehen Baldachinbetten und hell bezogene Sitzgruppen, in den Gärten wachsen Bougainvilleen, Jasmin und Kakteen. Es gibt die New York Times und WiFi, im Restaurant werden Seeigel und im Ofen geschmorter Wolfsbarsch auf mit weißem Leinen gedeckte Tische gebracht. Zu Coccaro gehören eine Reitanlage, ein 18-Loch-Golfplatz und ein Beach Club, der es locker mit den angesagten Etablissements von Saint-Tropez aufnehmen kann. Die Anlage bietet alle Annehmlichkeiten eines Luxushotels, bleibt aber trotzdem ein funktionierender landwirtschaftlicher Betrieb mit knapp 1100 teilweise tausendjährigen Olivenbäumen, aus denen jährlich 4000 Liter feinstes Extra Vergine gewonnen werden.

Masseria Torre Coccaro, Außenansicht und Zimmer.

Noch edler präsentiert sich die benachbarte Masseria Torre Maizza. Vittorio Muolo schnappte sie einst Giorgio Armani vor der Nase weg und schuf ein zweites, kleineres 15-Suiten-Hotel, das erst kürzlich vom britischen Kult-Hotelier Rocco Forte übernommen und nach einer umfangreichen Umgestaltung im Mai 2019 neu eröffnet wurde. Denn inzwischen ist auch im Ausland bekannt: Die Kombination von urbanem Schick und rustikaler Schlichtheit kommt an und es gibt genügend Menschen, die bereit sind, für ländliche Idylle gehobene Preise zu bezahlen. Mit Spannung wird schon die nächste Umgestaltung erwartet: Die zum Luxuskonzern LVMH gehörende Hotelgruppe Cheval Blanc hat sich eine Masseria unweit des weißen Städtchens Ostuni gesichert und entwickelt dort ein 12-Zimmer-Projekt, dass die Maßstäbe der Hotellerie in Apulien und deren Preise sicher ordentlich nach oben schrauben wird.

Ganz oben: Masseria Torre Maizza, Pool, Foto: Rocco Forte Hotels. Oben: Masseria Moroseta, Außenansicht, Foto: Salva Lopez

Ebenfalls bei Ostuni eröffnete 2016 die Masseria Moroseta. Das Besondere: Sie ist neu und zeigt, wie schön moderne Architektur den historischen Masseria-Stil sowie die alten Bautechniken und Materialien aufgreifen kann. Inhaber Carlo Lanzini und der britischen Interior-Designer Andrew Trotter schufen ein minimalistisch-puristisches, teilweise rustikales und ausgesprochen lässiges Sechs-Zimmer-Hotel mit einem großzügigen Pool. Zimmer und Suiten, die Salons, die Lounge und die Veranda, auf der an einem langen Gemeinschaftstisch gegessen wird, sind vom zentralen Innenhof zu erreichen. Eine Treppe führt zur Dachterrasse mit sensationeller Aussicht über den eigenen fünf Hektar großen Olivenhain und auf das nur zehn Kilometer entfernte Meer.

Masseria Alchimia, Zimmerdetail und Außenansicht. Fotos: Cosmo Laera, Toni Anzenberger

Doch nicht jede Masseria ist teuer. Die strahlend weiße Masseria Alchimia, unweit vom Meer gleich hinter dem hübschen Fischerdorf Savelletri gelegen zeigt, dass es auch anders geht. Das 700 Quadratmeter große Anwesen aus dem 18. Jahrhundert gehört Caroline Groszer, die es 2006 zusammen mit drei Hektar Land für 400.000 Euro einem Bauern abgekauft hat. Mindesten 40 Objekte habe sie sich angesehen, erzählt sie, dieses war damals seit 30 Jahren verlassen, aber gut in Schuss und bestens dazu geeignet, in einzelne Wohneinheiten unterteilt zu werden. Zahlenden Gästen stehen acht unterschiedlich große Ferienwohnungen zur Verfügung. Die Studios sind mit Designermöbeln eingerichtet, jedes hat einen eigenen Eingang, eine Kitchenette und einen Sitzplatz im Freien. Wie bei vielen der Hotel-Masserie wurde auf Umweltfreundlichkeit geachtet: Sonnenpaneele erzeugen Strom, das Regenwasser wird gesammelt, alle Lampen sind mit Energie sparenden Glühbirnen versehen. Auf Pool, Restaurant und Spa müssen die Gäste verzichten, dafür hat die deutsche Signora so viele tolle Tipps auf Lager, dass man beim Abschied fast zwangsläufig sagt: „Den Rest machen wir nächstes Mal.“

Info & Kontakt

Masseria Calderisi

24 schick gestaltete Zimmer und Suiten, XXL-Pool und Restaurant mit kreativer Regionalküche. Die Einrichtung präsentiert sich als stilsichere Mischung aus selbst entworfenen und vor Ort gefertigten Möbeln, marokkanischen Teppichen, bunten Fliesen aus Süditalien und mit Pierre-Frey-Stoffen bezogenen Kissen. Dazu: Spa und Beach Club. DZ ab 380 Euro inkl. Frühstück, masseriacalderisi.com

Masseria Torre Coccaro

Wunderschönes, leicht arabisch anmutendes Anwesen in einem weitläufigen Farmhaus aus dem 16. Jahrhundert mit vielen Terrassen, romantischen Zimmern und Suiten, Restaurant mit grandioser Küche und einem schönen Aveda-Spa. Zu den Highlights gehören zwei schicke private Beach Clubs und die Kochkurse in der Kapelle. DZ ab 304 Euro inkl. Frühstück, masseriatorrecoccaro.com

Masseria Torre Maizza

Kühle weiße Wände, knallrosa Bougainvilleen, Türkis schimmernder Pool und viel Grün – diese 40-Zimmer-und-Suiten-Masseria zählt zu den schönsten der Region. Beim Dekor wurden Alt und Neu gekonnt kombiniert, die Deluxe-Zimmer und Suiten haben eigene Terrassen. Gäste dürfen sich auf einen Privatstrand, einen Golfplatz und sehr gute Küche freuen. DZ ab 780 Euro inkl. Frühstück, roccofortehotels.com
Foto: Rocco Forte Hotels

Masseria Moroseta

Zeitgeistorientierte Interpretation der Masseria-Idee: Die vier Doppelzimmer und zwei Suiten punkten mit hellen Sandsteinböden, Bädern mit Vintage-Wannen sowie privaten Gärten und Terrassen. Köchin Giorgia Goggi serviert täglich wechselnde, absolut köstliche Menüs aus lokalen Zutaten. Zur Anlage gehören auch zwei Villen, die im Ganzen vermietet werden. DZ ab 180 Euro, inkl. Frühstück, masseriamoroseta.it
Foto: Salva Lopez

Masseria Alchimia

Nur wenige Fahrminuten vom Meer entfernt stehen Gästen acht unterschiedlich große Ferienwohnungen zur Verfügung. Die Studios sind mit Designermöbeln von Arne Jacobson, Charles und Ray Eames, Eero Saarinen und Philip Starck eingerichtet. Zur Alchimia Collection gehören auch ein Stadthaus in Fasano, eine Attikawohnung in Ostuni sowie ein Rundhaus (Trullo) und ein Kubushaus oberhalb von Fasano. Masseria-Studio ab 69 Euro, alchimia-collection.it
Foto: Cosmo Laera

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